Führung im Tandem – eine starke Alternative

Was, wenn das Angebot an klassischen Führungspfaden zur Weiterentwicklung der Organisation oder der Besetzung von Stellen nicht mehr ausreicht? Ist Führung im Tandem als eine Alternative wirklich erfolgreich?

Studien wie die Deloitte Global Human Capital Trends (2023) zeigen, dass Tandemführung sowohl Resilienz stärkt als auch Burnout-Risiken mindert. Zudem weist eine Untersuchung der Kienbaum-Gruppe (2022) darauf hin, dass Jobsharing-Modelle besonders für die Nachwuchsförderung effektiv sind. Durch Tandemführung können Unternehmen junge Talente schrittweise integrieren, strategische Sicherheit durch doppelt besetzte Rollen schaffen und zudem gezieltes Wissensmanagement realisieren, indem erfahrene Führungskräfte ihr Know-how direkt weitergeben.

Die Praxis zeigt: Führungstandems funktionieren dann besonders gut, wenn sie nicht als „Teilzeitlösung“ betrachtet, sondern als Entwicklungsinstrument und Kulturbeitrag verstanden werden. Tandems sind kein Notnagel – sie sind ein echtes Führungsdesign.

Vier zentrale Nutzenperspektiven für Unternehmen

1. Talententwicklung mit System:
Tandemführung eröffnet jungen Führungspersönlichkeiten einen gestuften Einstieg in Verantwortung und einen gezielten Aufbau. Durch die Teilung von Aufgaben und Feedback auf Augenhöhe wird Führungskompetenz nachhaltig entwickelt, ohne sofort die volle Last der Position zu tragen. Sie profitieren vom Erfahrungswissen ihrer Tandempartner*innen und können gleichzeitig neue Impulse setzen.

2. Strategische Planungssicherheit:
Wenn zwei Personen eine Schlüsselrolle innehaben, reduziert sich das Risiko bei Ausfall, Krankheit oder Fluktuation. Gleichzeitig erhöht sich die Kontinuität in Transformationsprozessen, da nicht alles an einer Person hängt. Zwei Führungspersönlichkeiten bedeuten auch: mehr Perspektiven, mehr Präsenz, mehr Reflexion. In agilen oder hoch belasteten Teams kann dies zur Stabilität und Stärkung beitragen.

3. Lebendiges Wissensmanagement:
Tandems sind ideale Gefäße für Wissensweitergabe: Nicht in Form von Dokumentation, sondern durch tägliches Erleben, Vorleben und gemeinsame Reflexion. Das stärkt die Bindung im Team und schützt vor Wissensverlust bei Generationswechseln.

4. Organisationen mit Fokus auf Vereinbarkeit:
Ob Elternzeit, Pflegeverantwortung oder persönliche Entwicklung: Tandems erlauben flexible Arbeitszeitmodelle, ohne dass die Führungsfähigkeit leidet. Gerade Teilzeit-Führung wird dadurch realistisch und wirksam gestaltbar.

Was macht Tandemführung erfolgreich? – Acht Prinzipien aus der Praxis

Diese Prinzipien sind das Ergebnis aus zahlreichen begleiteten Tandemkonstellationen, die zum einen bewusst entwickelt wurden, zum anderen aus konkreten Anlässen wie Führungsausfällen, Teilzeitwünschen oder strategischem Umdenken entstanden sind.

Erfolgsfaktoren und eine empfohlene Reihenfolge in der Umsetzung:

  1. Klare Rollenklärung & gemeinsames Führungsverständnis
  2. Gemeinsame Vision & abgestimmte Ziele
  3. Starke Kommunikation & regelmäßige Abstimmung
  4. Geteilte Verantwortung – kein Kompetenzgerangel
  5. Akzeptanz im Team – Sichtbarkeit & Verlässlichkeit
  6. Rückhalt der Geschäftsleitung und aktives Onboarding
  7. Externe oder interne Begleitung in der Startphase
  8. Mut zur Reflexion & kontinuierliche Verbesserung (KVP)

1. Klare Rollenklärung & gemeinsames Führungsverständnis

Jede gelingende Tandemführung beginnt mit der ehrlichen Reflexion der eigenen Führungsziele, Motive und Erwartungen. Was treibt mich an? Welche Verantwortung bin ich bereit zu tragen – und in welchem Setting? Erst wenn diese Fragen für sich selbst beantwortet sind, kann ein konstruktiver Dialog mit dem potenziellen Tandempartner entstehen. Dabei kann es hilfreich sein, externe Begleitung oder ein strukturiertes Klärungsformat zu nutzen, um eine tragfähige gemeinsame Grundlage zu schaffen.

2. Gemeinsame Vision & abgestimmte Ziele

Welche gemeinsamen Leitplanken tragen unser Führen? Wie lassen sich individuelle Ambitionen mit gemeinsamen Zielen verbinden? Eine starke Tandembeziehung braucht eine geteilte Vorstellung davon, wie das Team gestaltet und welche Wirkung erzielt werden soll. Wer sich dazu selbst verortet und seine Erwartungen reflektiert, schafft Raum für echtes Zusammenspiel. Ein gemeinsames Zielbild fördert Klarheit und sorgt für ein kraftvolles „Wir“.

3. Starke Kommunikation & regelmäßige Abstimmung

Wie sprechen wir offen über Unstimmigkeiten? Welche Räume schaffen wir für den Austausch auf Augenhöhe? Tandems leben von Kommunikation, die nicht nur den Alltag organisiert, sondern auch Beziehung gestaltet. Wer die eigenen Kommunikationsmuster reflektiert, kann bewusster agieren und Reibung konstruktiv nutzen. Ein abgestimmter Kommunikationsrhythmus schafft Vertrauen und Handlungssicherheit.

4. Geteilte Verantwortung – kein Kompetenzgerangel

Wie viel Verantwortung bin ich bereit zu tragen? Was braucht es, damit ich Verantwortung auch abgeben kann? Tandemführung verlangt Klarheit darüber, wo ich selbst wirksam sein will und wo ich loslassen kann. Die Reflexion der eigenen Verantwortungshaltung ist Voraussetzung dafür, dass Vertrauen wachsen kann. Gemeinsames Tragen gelingt nur, wenn ich mir meiner eigenen Rolle bewusst bin.

5. Akzeptanz im Team – Sichtbarkeit & Verbindlichkeit

Wie möchte ich vom Team wahrgenommen werden? Wie gelingt es uns, als Führungspaar eine konsistente Linie zu zeigen? Nur wenn ich meine Wirkung im Team reflektiere, kann ich bewusst entscheiden, wie ich sichtbar werde. Ein starkes Tandem ist kein „geheimer Pakt“, sondern eine offen gelebte Konstellation. Authentizität und Konsistenz bilden die Brücke zum Team.

6. Rückhalt der Geschäftsleitung und aktives Onboarding

Welche Rahmenbedingungen brauche ich, um im Tandem gut arbeiten zu können? Wieviel Gestaltungsspielraum ist vorhanden? Tandemführung braucht strukturelle Unterstützung und Rückhalt auf Organisationsebene. Die bewusste Auseinandersetzung mit institutionellen Faktoren hilft, Stolpersteine frühzeitig zu erkennen. Ein gutes Onboarding umfasst auch das Klären von Erwartungen gegenüber der Organisation.

7. Externe oder interne Begleitung in der Startphase

Wo brauche ich Resonanz, um meine Rolle zu schärfen? Wer kann mich unterstützen, blinde Flecken zu erkennen? Gerade in der Startphase ist eine Unterstützung durch Dritte hilfreich. Die Bereitschaft zur Reflexion mit neutralem Blick schafft Klarheit, sichert Verbindlichkeit und stärkt die gemeinsame Entwicklung. Tandemführung ist kein Selbstläufer – sie will gestaltet und begleitet werden.

8. Mut zur Reflexion & kontinuierliche Verbesserung (KVP)

Wann nehme ich mir Zeit, um innezuhalten? Wie gelingt es mir, Routinen regelmäßig zu hinterfragen? Führung im Tandem lebt von gemeinsamer Entwicklung. Wer sich selbst und das Zusammenspiel im Tandem kontinuierlich reflektiert, verankert Lernen als Führungsprinzip. KVP beginnt mit dem Blick nach innen – mutig, ehrlich und offen.

Fazit & Ausblick

Führung im Tandem ist mehr als ein nettes Experiment – sie ist ein strategisches Führungsinstrument, das zu mehr Resilienz, Flexibilität und Entwicklungskraft beiträgt. Sie eignet sich für Unternehmen, die ihre Führungskultur auf die aktuellen Herausforderungen anpassen, divers aufstellen wollen und bereit sind, Verantwortung bewusst zu teilen.

Ob zur gezielten Nachwuchsentwicklung, zur Ermöglichung von Teilzeitführung oder zur Sicherung von Wissen und Kontinuität – Tandemführung bietet vielfältige Chancen. Was es braucht, ist der Wille zur Gestaltung, Offenheit für neue Wege und eine kluge Begleitung in der Umsetzung.

Autor:in

Coach und Beraterin

Bitte informieren Sie mich, wenn es neue Themen gibt

Hier anmelden

Sie haben Fragen oder wünschen Beratung

Kontakt vereinbaren

Seminar-Service

Gibt es noch freie Plätze? Wie erhalte ich weitere Informationen zu meinem Seminar? Das PROFESSIO Office hat Antworten auf Ihre Fragen.

Telefon: +49 (0) 981 9777876-60
Montag bis Freitag von 9.30 bis 15 Uhr
E-Mail: campus@remove-this.professio.de.