Persönlichkeitsentwicklung im Wandel der Zeit – Eine Generationenfrage?

Regelmäßig begegnet uns die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der eigenen Persönlichkeit und deren Relevanz für die moderne Arbeitswelt und das eigene Leben. „Führen durch Persönlichkeit“, „Zukunftskompetenz – Empathie“, oder „Wie Persönlichkeit Ihre Karriere beeinflusst“ lauten die Überschriften in Beiträgen, Fachartikeln oder den Sozialen Medien. Auch wir bei Professio sehen einen relevanten Zusammenhang.

Bedeutete persönliche Entwicklung früher etwas anders als heute?

Wie bei vielen anderen Themen hat sich auch der Blick und der Umgang mit Persönlichkeitsentwicklung über die letzten Jahre verändert. Während Persönlichkeitsentwicklung im Business-Umfeld lange eher als „Psychoklimbim“ belächelt wurde, steht sie heute ganz oben auf der Liste der Schlüsselkompetenzen.

Im PROFESSIO-Portfolio zum Thema „persönliche Entwicklung“ führt Friederike von Tiedemann das Seminar „Persönliche Skriptanalyse – Eigene Muster erkennen, verändern und gestalten“ seit über 25 Jahren mit gleichbleibend hohen Teilnehmerzahlen durch.

Die Erkenntnisse und Erfahrungen, die Friederike von Tiedemann in dieser Zeit gesammelt hat, zeigen deutlich, dass die Themen und Herausforderungen der Persönlichkeitsentwicklung zwar universell sind, sich aber in ihrer Ausprägung und Wahrnehmung zwischen den Generationen unterscheiden. Auf den Professio-Tagen 2024 gab sie einen Überblick zu Trends und Veränderungen.

Vorneweg ist uns wichtig zu erwähnen:
Persönlichkeitsentwicklung ist bei jedem Menschen einzigartig, und die nachfolgenden Punkte beschreiben Kernthemen und Tendenzen. Sie sind keineswegs als allgemeingültige Checkliste oder Typisierung gemeint.

Universelle persönliche Themen: Was ist gleich geblieben?

Über die letzten 25 Jahre betrachtet, sind einige Anliegen der Teilnehmer, auch aus unterschiedlichen Generationen, heute immer noch dieselben wie damals. Hier ein paar Beispiele:

  • arbeite bis nachts, bin workaholic
  • toleriere keine Fehler
  • muss zu viel leisten
  • kann nicht „nein“ sagen
  • kann keine Emotionen zeigen / will sie besser kontrollieren
  • Burn-out-Prävention
  • sichere meine Zugehörigkeit durch fleißig sein
  • möchte meine Herkunftsfamilie besser verstehen
  • will loslassen – mich versöhnen
  • authentisch sein, mich selbst lieben, wichtig sein
  • mir fehlt Leichtigkeit, Sinnlichkeit, Freu(n)de
  • Ich höre nicht auf meinen Körper.

Mögliche Ursachen sieht Friederike darin, dass wir immer noch in einer leistungsorientierten Gesellschaft leben. Menschen versuchen, den Veränderungen am Arbeitsplatz gerecht zu werden und in immer kürzerer Zeit immer mehr zu leisten.

Belohnt, in Form von Anerkennung, wird häufig die Person, welche mit dem Handy-Stöpsel im Ohr durch das Büro läuft, dabei den Laptop bedient und parallel mit dem Kollegen Termine vereinbart. Der Blick auf Leistung ändert sich aktuell bei der jüngeren Generation, aber auch sie werden in Organisationen mit Leistungsansprüchen konfrontiert und müssen damit umgehen.

Generationsspezifische Anliegen: Was ist bei den Jüngeren anders?

Menschen setzen sich heute tendenziell früher mit der eigenen Persönlichkeit auseinander. Das führt dazu, dass der Altersdurchschnitt in den Seminaren gesunken ist. Eine Veränderung der Anliegen nimmt Friederike vor allem bei der jüngeren Generation wahr. Vergleichbare Fragestellungen gab es früher auch schon, aber die Häufigkeit ist gestiegen. Die Kernfragen drehen sich eher um diese Themen:

  • Was gibt meinem Leben Sinn ?
  • Wozu tue ich das alles?
  • Wo stehe ich? Wer bin ich? Was will ich?
  • Darf ich scheitern, Fehler machen?
  • perfektes Leben haben wollen
  • alles richtig machen wollen
  • will meine Persönlichkeit entwickeln
  • meine Wutausbrüche kontrollieren
  • bin neugierig – habe viel über das Seminar gehört
  • meine Mutter war schon hier

Mögliche Hintergründe können in einer teilweise grundlegend anderen Sozialisation als bei der älteren Generation liegen. Häufig fehlt eine erlernte Fähigkeit, innere Spannungen zu regulieren, zum Beispiel die Erfahrung, um etwas ringen zu müssen. Es aushalten zu müssen, dass Wunsch und Erfüllung weit auseinander liegen können oder man sich engagieren und um etwas kämpfen muss.

Viele junge Menschen hatten nicht die Chance, einen gesunden Umgang mit Krisen zu erlernen. Kommt ein Mensch mit Mangel an Krisenerfahrung in Kontakt zu krisenhaften Situationen, fehlt der Rückgriff auf bewährte Lösungsoptionen und es kann unproportionalen Stress auslösen.

Der Eindruck, alles zu haben (Bildung, gute Eltern, Freunde, Wohlstand) und trotzdem ein Gefühl der Unzufriedenheit zu verspüren wird häufig geäußert.

Generationenbezogende Lösungsansätze

Übergreifend leitet Friederike zwei „grobe Tendenzen“ zwischen Generationen ab.

 

Ältere Generation

Jüngere Generation

Themen die als belastend genannt werden

  • Emotional auf sich selbst gestellt sein
  • Ärger & Enttäuschung in Bezug auf die Eltern
  • Fleiß & Leistung um „ok“ zu sein
  • Anpassung als Lösung
  • Hoher Leidensdruck
  • Schlechte Selbstfürsorge

 

  • (Über-)Verwöhnung
  • Das „Paradies“ soll weitergehen
  • Glück kommt von außen
  • Orientierungslosigkeit – Sinn?
  • Alles scheint möglich
  • Leiden auf hohem Niveau

 

Mögliche Lösungsfelder

  • Frieden mit der Herkunftsfamilie finden
  • Sich Abgrenzen
  • Selbstfürsorge
  • Dankbarkeit
  • Demut
  • Bescheidenheit

 

Dialog der Generationen: intensive Erfahrung und gegenseitiges Verständnis

Als besonders intensive Erfahrung während des Seminars erlebt Friederike, wenn sich unterschiedliche Generationen in ihren Themen kennenlernen und sich offen darüber austauschen.

Es sind Situationen, in denen Jüngere, die kaum Krisenerfahrung haben, den Älteren zuhören, was die erlebt und womit sie gekämpft haben. Dabei entsteht bei den Jüngeren oft ein Zugang zum Gefühl der Dankbarkeit und der Demut zum eigenen Leben.

Die Älteren erfahren von den Jüngeren, was es bedeutet in einer Welt der permanenten Selbstoptimierung zu leben und von der Angst „etwas zu verpassen“. Das Akronym FOMO (Fear of missing out) und seine Bedeutung hören viele Ältere zum ersten Mal. Dabei entsteht bei den Älteren oft echtes Mitgefühl und Verständnis für die Sorgen und Nöte der Jüngeren. Auf beiden Seiten wird der persönliche Fokus und das Erfahrungsspektrum wesentlich erweitert, was als Gewinn für sich selbst und die Beziehung erlebt wird.

Schlussbetrachtung von Friederike von Tiedemann

Viele haben sich heutzutage schon mit der eigenen Person befasst und kennen ihre typischen Muster. Die Erkenntnisse im Seminar sind den Teilnehmern oft nicht wirklich neu. Der entscheidende Unterschied ist, dass sie nun tiefer verstehen, warum sie so sind. Sie haben stärker verinnerlicht, wie und warum sie in einer gewissen Art und Weise fühlen, denken und agieren. Das Bewusstsein dafür ist stärker geworden, und es gelingt leichter, entscheidende Akzente im Leben zu setzen, klarer zu handeln, fällige Schritte mit mehr Leichtigkeit zu tun, das eigene Verhaltensrepertoire zu flexibilisieren und zu erweitern. Schlichtweg stimmiger zu leben im beruflichen und im privaten Feld. Für viele Teilnehmer:innen wurde das Seminar zum „Meilenstein“ auf ihrem Weg. Das erfahre ich durch Rückmeldungen, auch Jahre später noch.

Autor:in

Lehrtrainerin und Management-Beraterin

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