Gedrängt in den (Un-) Ruhestand

Gutes Exit-Management für erfahrene Mitarbeiter:innen

In unruhigen Zeiten von Unternehmen sind Abbauprozesse von Personal oft an der Tagesordnung. Meist trifft es ältere Arbeitnehmer:innen, die (manchmal auch zu) schnell in den Ruhestand verabschiedet werden. Dies kann beim Einzelnen zu einem schwierigen und belastenden Übergang in eine neue Lebensphase führen. Aber auch Unternehmen unterschätzen die vielfältigen Auswirkungen auf Produktivität und Außenbild. Es wird Zeit, dass Unternehmen solche Prozesse zusammen mit den Mitarbeitenden gemeinsam gestalten.

Das Phänomen

In Sanierungsphasen und / oder aus anderen Anlässen zur Reduktion der Mitarbeiter:innen sind Vorruhestandsregelungen eine scheinbar friedliche Lösung für alle Seiten. Die Sozialverträglichkeit der Vorschläge ist hoch, die Akzeptanz eines hohen Prozentsatzes der Mitarbeitenden ebenfalls.

Unter den Kollegen:innen, die von der Vorruhestandsregelung betroffen sind, gibt es unterschiedliche Reaktionen. Sie reichen von Freude über das vorzeitige Ende der Lebensarbeitszeit bis hin zur gefühlten Ausgrenzung, Abwertung, Wert- und Ratlosigkeit. Nicht alle Kollegen:innen haben Bewusstheit über diese tiefen inneren emotionalen Irritationen, sondern nehmen sie als diffuses Unwohlsein und unerklärliche Verstimmungen wahr. Dennoch haben diese untergründigen Gefühle eine Auswirkung im kollegialen Austausch bis hin zur spürbaren Verschlechterung des Betriebsklimas und einer gewissen Lähmung des allgemeinen Engagements. Und Unternehmen sollten sich dieses Themas annehmen.

Verstehen, was da abgeht

Mit dem Schritt in die Rente steigen die Menschen in ihre letzte und auch eine bedeutende Lebensphase ein. Das allein löst Unsicherheit aus, weil sich zum einen die Vorstellungsräume zeitlich begrenzen und zum anderen viele Lebensstrukturen wegfallen bzw. neu ausgerichtet werden müssen. Weiterhin braucht das menschliche Grundbedürfnis nach Selbstwirksamkeit eine neue Ausrichtung und die Zuwendung, die die Berufstätigkeit vermittelt, benötigt eine andere Quelle.

Das sind viele Herausforderungen, die heftige Reaktionen auslösen können, wenn dieser Schritt nicht selbstgewählt, sondern überraschend auf Menschen zukommt. Selbst die Scheidungsrate steigt inzwischen in dieser Altersphase signifikant, weil Ehepaare oft kein gemeinsames Bild von dieser Lebensphase rechtzeitig entwickelten bzw. entwickeln konnten.

Nulloption, was passiert wenn nix passiert

Die vielen Herausforderungen könnten Manager dazu verleiten, die betrieblichen Wirkungen der ausscheidenden Mitarbeiter:innen in ihrer Bedeutung abzuwerten und als temporäres Thema („...die sind ohnehin bald weg!“) einzuordnen. In sehr unterschiedlichen Change-Prozessen konnten wir die Erfahrung machen, dass die Vernachlässigung wichtiger Themen in früheren Phasen zur Lähmung der erforderlichen neuen Prozesse führte. Darüber hinaus gelingt den ausscheidenden Mitarbeiter:innen die Lösung vom bisherigen Arbeitsumfeld nur schwer, wenn sie keine positive Perspektive auf die eigene Zukunft entwickeln. Sie hadern mit dem Schritt, ihre Unzufriedenheit richtet sich aber gegen das Unternehmen, mit dem sie noch verbunden sind.

Die Auswirkungen für das Unternehmen werden oft unterschätzt

Die Folgen dieser Fehleinschätzungen zeigen sich oft erst verzögert und sind dann irreversibel, insbesondere beim Ausscheiden der Leistungs- und Knowhowträger. Betriebswirtschaftlich betrachtet gefährdet ein ungeordneter Austritt von Mitarbeiter:innen die Kontinuität der Produktivität.

  • Wird die Übergabe von relevantem Wissen und Feldkompetenz nur unzureichend umgesetzt oder unterbleibt ganz, und
  • wird im Vertrieb die Übergabe der Kundenkontakte vernachlässigt oder unzureichend gestaltet, wirkt sich das auf den Customer Pay 1 & 2 u.U. deutlich negativ aus.
  • Öffnen sich Wissensträger mit strategisch wichtigem Knowhow nicht für einen Übergabeprozess, weil sie sich abgeschoben fühlen, kann das in der Zukunft besonders gravierende Auswirkungen haben.

Zum einen entstehen Lücken, die neue Prozesse verlangsamen, zum anderen teilen die scheidenden Kollegen und Kolleginnen ihre Frustration mit anderen oder der Öffentlichkeit unter dem Motto „Seht her, wie die mit uns umgehen!“ Der Imageschaden in Zeiten sozialer Netzwerke kann sich sehr negativ auf die Firma auswirken.

Auch bei den verbleibenden Mitarbeiter:innen löst diese „unbefriedete“ Situation Schuldgefühle aus, die mit ihrer lähmenden Wirkung die Produktivität und die Kreativität bremsen. Die Entwicklung neuer Lösungen für die anstehenden Herausforderungen ist eingeschränkt, die Prozesse verlangsamen sich, was sich wiederum auf relevante KPIs auswirkt.

Und nicht zu vergessen: Die soziale Verantwortung

Jenseits einer unternehmerischen Betrachtungsweise wird die sog. „Corporate Social Responsibility“ – das Geschäftsmodell einer sozialen Verantwortung für sich selbst, seine Stakeholder und die Öffentlichkeit – ein immer wichtigerer Baustein von unternehmerischer Tätigkeit. Eine gute und wertschätzende Verabschiedung von teils langjährigen Mitarbeiter:innen trägt zum einen dieser Verantwortung Rechnung, zum anderen schafft dies eine Vertrauenskultur nach innen und Attraktivität als Arbeitgeber nach außen.

Autor:in

Lehrtrainerin, Management-Beraterin

Bitte informieren Sie mich, wenn es neue Themen gibt

Hier anmelden

Sie haben Fragen oder wünschen Beratung

Kontakt vereinbaren

Seminar-Service

Gibt es noch freie Plätze? Wie erhalte ich weitere Informationen zu meinem Seminar? Das PROFESSIO Office hat Antworten auf Ihre Fragen.

Telefon: +49 (0) 981 9777876-60
Montag bis Freitag von 8 bis 14 Uhr
E-Mail: campus@remove-this.professio.de.